Geht es nach dem für die UNO-Welternährungsorganisation (FAO) tätigen Experten Arnold van Huis, sollen künftig auch in den westlichen Industrienationen Insekten verstärkt auf den Speiseplänen zu finden sein. Angesichts der sprunghaft steigenden Weltbevölkerung stehe laut einer aktuellen Studie demnach außer Frage, dass es künftig ressourcenfreundlichere Alternativen zu Fleisch geben müsse.
Der Großteil der Weltbevölkerung isst bereits jetzt Insekten, so Studienautor Van Huis, Entomologe an der belgischen Wageningen-Universität, laut dem britischen „Observer“. Ausnahme sei lediglich der Westen, wo man „psychologisch ein Problem damit hat“. Der Grund dafür sei für ihn mit Blick auf Schrimps & Co. allerdings kaum nachvollziehbar. Weder vom Ernährungswert noch vom Geschmack gebe es zudem einen glaubhaften Grund, Insekten nicht zu essen. Wichtig sei lediglich, diese richtig zuzubereiten: Korrekt gekocht schmecken Insekten delikat, so Van Huis gegenüber der BBC.
Rasant steigender Fleischkonsum
Doch abgesehen von den kulinarischen Vorzügen ortet der FAO-Berater im Umstieg auf Insektenkost nicht zuletzt einen möglichen Schlüssel zur Lösung des weltweiten Ernährungsproblems. Grund dafür ist, dass für die Aufzucht von Insekten weit weniger Ressourcen als für die Viehzucht notwendig seien.
Van Huis verweist in diesem Zusammenhang auf den erwarteten Anstieg der Weltbevölkerung bis 2050 auf neun Milliarden Menschen und dem in den letzten zwanzig Jahren von zwanzig auf 50 Kilogramm gestiegenen jährlichen Pro-Kopf-Fleischkonsum. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen wäre bei diesem Tempo schon bald eine „zweite Erde“ notwendig, um genügend Platz für die zahllosen Rinder, Schweine und Schafe zu finden.
Bei der Produktion für ein Kilogramm Fleisch müssten zudem 13 Kilogramm Nahrungsmittel verfüttert werden. Mit 1,5 bis zwei Kilo liege dieser Wert bei Insekten deutlich niedriger. Zudem würden bei der Aufzucht von Grashüpfern, Grillen und Mehlwürmern weit weniger Treibhausgase anfallen als bei der Viehzucht, wie der Experte Ende Juli auch auf beim Jahrestreffen der Royal Entomological Society in der Swansea Universität in Wales betonte.
Über 1.000 essbare Insektenarten
Dabei ist Van Huis’ Vorstoß nicht ganz neu: Bereits Anfang der 1990er Jahre sah etwa der französische Ernährungsforscher Bruno Comby in seinem Buch „Köstliche Insekten – Die Proteine der Zukunft“ in der Insektenküche eine Antwort auf den Welthunger. Zu dieser Ansicht kam 2008 auf einem Gipfel in Thailand auch die FAO. Die Van-Huis-Studie soll nun offiziell ins FAO-Programm aufgenommen werden.
Nährwert am Beispiel Raupen
Laut FAO enthalten 100 Gramm getrocknete Raupen 53 Gramm Proteine, 15 Prozent Fett und 17 Prozent Kohlenhydrate. Der Energiewert belaufe sich auf 430 Kilokalorien. Raupen seien auch reich an Mineralien und enthalten – je nach Art – viel Kalzium, Zink, Kalium, Magnesium und Eisen sowie zahlreiche Vitamine. Bereits 100 Gramm deckten den Tagesbedarf eines Menschen an Mineralien und Vitaminen.
Zudem ist 2013 ein weiterer Gipfel zu dem Thema geplant. Ziel der FAO ist es allerdings, zunächst die Ernährung mit Insekten in jenen Ländern zu fördern, in denen diese bereits Tradition hat. In vielen Ländern, darunter vor allem in weiten Teilen Afrikas, Südostasiens und Lateinamerika, stehen viele der weltweit über 1.000 für den Verzehr geeigneten Insektenarten auf dem täglichen Speiseplan. Zum Einsatz kommen Insekten auch als nährstoffreiche Lebensmittelzusatzstoffe, womit laut Van Huis auch der im Westen weit verbreitete „Igitt-Effekt“ vermieden werden könne. (Igitt-Effekt: ein uraltes Schutzprogramm des Gehirns, welches uns beim Anblick oder Genuss von gewissen Dingen ekeln läßt.)
In diesem Zusammenhang wird vom Schweizer Lebensmittelportal Natürlich leben daran erinnert, dass „wir längst alle Insektenesser sind“. Pro Kopf und Jahr würde demnach rund ein halbes Kilo Insekten konsumiert – „fein gemahlen in Marmeladen, Spaghettisaucen und Tiefkühlspinat“.
Also dann Mahlzeit!
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