Am 22. September 2011 besuchten Gudrun und ich Heidelberg. Nach einem Gang durch die Fußgängerzone in der Altstadt wanderten wir dann zum Heidelberger Schloss hinauf. Eigentlich ist es eine Ruine, die sich über dem Dächergewirr der Altstadt erhebt, aber man kann sich die Größe und Schönheit des ehemaligen Schlosses noch gut vorstellen, in dem 5 Jahrhunderte lang die Kurfürsten von der Pfalz aus dem Geschlecht der Wittelsbacher regierten. Als Baumaterial diente der rote Neckarsandstein, dadurch erklärt sich der rote Farbton. Das Schloss ist heute noch eines der besten Beispiele deutscher Renaissance-Architektur. Die einst glanzvolle Residenz wurde im pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 und 1693 von den Franzosen zerstört.
Von der großen Terrasse hat man einen wunderbaren Blick auf den Neckar und die Heidelberger Altstadt. Neben viel Wissenswertem über die Anlage und Geschichte des Baues findet man dann im Keller die Symbole der kurfürstlichen Weinseligkeit. Etwa 500 000 Menschen besuchen jährlich das Große Fass im Heidelberger Schloss. Der Weinkeller mit seinem Fass hat eine kuriose Geschichte:
Johann Kasimir ließ 1589-1591 das erste große Fass herstellen. Es hatte ein Fassungsvermögen von 127 000 Litern. Im Dreißigjährigen Krieg wurde es zerstört und das Holz verfeuert. Später in wieder in besseren Zeiten ließ Kurfürst Karl Ludwig 1664 ein neues Fass bauen. Es hatte ein Fassungsvermögen von 195 000 Litern mit Tanzboden. Es überstand zwar die Zerstörung des Schlosses im Pfälzer Erbfolgekrieg 1689 und 1693, das Fass war aber nie richtig dicht. 1702 wurde es generalsaniert. 1724 und 1728 musste unter Kurfürst Karl Philipp eine Rundumerneuerung durchgeführt werden. Das Faß wurde dadurch zwar größer und faßte nun 202 000 Liter, es wurde aber rasch wieder undicht, sodaß bald ein Neubau erwogen wurde. 1751 ließ Kurfürst Karl Theodor ein neues Faß herstellen mit einem Fassungsvermögen von 221 726 Liter. Heute faßt es 219 000 Liter, wobei die Volumsabnahme durch Eintrocknung des Holzes erklärt wird. Es ist 7 m breit und 8,5 m lang und mit einem Tanzboden auf der Oberseite ausgestattet. Gefüllt wurde es bislang nur dreimal, da es immer undicht war. Die Befüllung erfolgte durch ein Loch in der Decke mittels eines Schlauches, so musste man nicht auf das Fass klettern. Praktischerweise gab es vom Fass auch eine Schlauchverbindung zum Königssaal. Berechnungen über den Weinverbrauch am kurfürstl. Hof ergaben, dass das Fass in etwa 150 Tagen leergetrunken war. Ein derartiges Riesenfass diente zum Einsammeln des Zehentweines der gesamten Pfalz. Der Inhalt war ein ganzes Sammelsurium verschiedener Weine meist niederer Qualität. Wir besuchten natürlich den Weinkeller, umrundeten und bestiegen das Fass. Es ist wirklich beeindruckend. Dass es schon über 250 Jahre dort im Keller ist, würde man fürs erste nicht glauben!
An der gegenüberliegenden Wand findet sich gleichsam als Fasswächter das lebensgroße Standbild des ehemaligen Hofnarren und Symbol eines Weingenießers Perkeo. Kurfürst Karl Philipp soll den ca. 1 m großen Zwerg aus Südtirol mitgebracht und ihn zum Hofnarren gemacht haben. Er soll gefragt worden sein, ob er das große Faß alleine leertrinken könne, seine Antwort auf italienisch war: „Perche no?“ (warum nicht?). Daraus ist der Name des Hofnarren entstanden. Wein war übrigens das Hauptnahrungsmittel für ihn, angeblich hätte er täglich mehrere Flaschen Wein getrunken. Allerdings muss man wissen, dass der Alkoholgehalt des Weines zur damaligen Zeit etwa 6% war.
Glücklicherweise haben wir heutzutage süßere Trauben und bessere Kellermeister als damals . Wir haben jedenfalls im Anschluss an die Führung im danebenliegenden Weinkeller einen hervorragenden Riesling verkostet und der hatte eindeutig mehr als 6%!
Quellen: Baedeker, Reiseführer Deutschland, http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/hd/fass00.htm http://de.wikipedia.org/wiki/Großes_Fass_des_Heidelberger_Schlosses,
Man kann des Guten auch (oder: nie) zuviel tun.