Ein Radausflug nicht nur wegen des Radelns

Am Mittwoch 20. April radelte ich mit einer Gruppe Senioren bei wunderbarem Frühlingswetter von Grein nach Wallsee, wo wir am Schlosseingang Halt machten. Vom Schloss selber war  durch das eiserne Tor nur die vordere Fassade zu sehen.

Schloss Wallsee

Die Burg und der Markt  Wallsee sind erbaut auf den Grundmauern des römischen Limes-Kastells „Adjuvense“. Um 1100  wurde auf dem Sandsteinfelsen über der Donau auf dem Platz des heutigen Schlosses die Sunnilburg erbaut, wovon sich der heutige Name Sindelburg ableitet. 1111 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung der Pfarre Sunilburg (Sindelburg). 1247 stirbt das Geschlecht der Sunilburger aus. Weitere Besitzer bewohnten auch die Burg Sommerau (3km östl. von Wallsee und heute nur mehr in den Grundmauern vorhanden). 1278 in der Schlacht auf dem Marchfed hatte Konrad von Sommerau wesentlichen Anteil am Sieg zugunsten von Rudolf von Habsburg. 1296 war der Sommerauer ein Führer des Adelsaufstandes gegen Albrecht I. Nach der Niederschlagung desselben verlor er alle Güter und war in den Geschichtsbüchern nicht mehr erwähnt. Im Gefolge von Rudolf v. Habsburg kam ein bedeutendes staufisches Ministeralgeschlecht aus Schwaben nach Österreich: die Herren von Wallsee. 1298 erwarb Heinrich I von Wallsee die Sunilburg, die später dann „Veste Neuen Wallsee“ genannt wurde. Die Wallseer hatten über 200 Jahre die wichtigsten Ämter in Oberösterreich und der Steiermark inne und hatten Besitztümer vom Böhmerwald bis Istrien. Der letzte männl. Wallseer starb 1483, seine Tochter war kinderlos und starb 1506. Sie ist in der Pfarrkirche Sindelburg begraben (Hirschgeweih-Grabstein neben der Kanzel). In den folgenden 2 Jahrhunderten wechselten die Schlossbesitzer häufig . 1759 kaufte  Feldmarschall Leopold Graf Daun die Herrschaft und renovierte das Schloss gründlich. 1862 erwarb Herzog Ernst von Sachsen-Coburg und Gotha Wallsee. In dieser Zeit wurde das Archiv im Schloss geordnet und vor dem Verfall bewahrt. 1895 kam durch Kauf Erzherzog Franz Salvator und Erzherzogin Marie Valerie, Tochter von Kaiser Franz Josef I, in den Besitz des Schlosses, deren Nachkommen auch die heutigen Besitzer sind.

Anna Kapelle

Einige Meter weiter besuchten wir die Anna-Kapelle, eine im 16.Jht. erbaute Zunftkapelle. Die hl. Anna ist die Patronin der früher hier ansässigen Mühlsteinbrecher. Das Gotteshaus wurde im 18. Jht. barockisiert. Es ist ein einschiffiger schlichter Barockbau mit einem schlanken Turm an der Westseite, bemerkenswert innen ein spätbarocker Altar mit einem Altarbild,auf dem die hl.Anna ihre Tochter im Lesen der Bibel unterweist.

Pfarrkirche Sindelburg

Dank seiner exponierten Lage weithin sichtbar ist die Pfarrkirche Sindelburg. Mit dem Rad in einigen Minuten  erreichten wir den wuchtigen spätgotischen Kirchenbau, wegen seines mächtigen Turms (50m hoch) auch der „Dom des Mostviertels“ genannt. Der Spitzhelm des Turms stammt aus dem 19.Jht. Rund um die Kirche befindet sich der Friedhof. Außen an der Ostseite der Chormauer befindet sich auch die Grabstätte der Familie Habsburg-Lothringen. Hier ist auch die 1924 verstorbene Erzherzogin Marie Valerie in der Habsburgergruft beigesetzt. Vom Kirchenvorplatz hat man nach Norden einen wunderbaren Weitblick ins Mühlviertel, in die Daunauauen und im Vordergrund auf den Ort Wallsee mit seinen drei Türmen: Schloss, Rathaus und Anna Kapelle.

Pfarrkirche innen

Beim Kircheneingang auf der Südseite imponiert das reich profilierte Steinportal mit dem mächtigen hölzernen Tor und seinen alten Beschlägen. 1750 stürzten bei einem Kirchenbrand Teile des spätgotischen Gewölbes ein und  wurden durch ein neues barockes Gewölbe ersetzt. Im Zuge der Renovierung 1963 wurde das große spätklassizistische Altarblatt des Hochaltars abgetragen. Die Chorfenster stammen vom St. Pöltener Künstler Robert Helfert aus 1963. 1990 kam noch ein moderner Volksaltar dazu. Zwei große Konsolenstatuen aus dem 18. Jht. im Altarraum stellen den hl. Nikolaus und den hl. Augustinus dar. Ebenfalls im Chor finden sich zwei zierliche Rokokoaltäre mit Bildern des berühmten Barockmalers Johann Martin Schmidt (Kremser Schmidt), linksseitig der Pestaltar mit den Pestheiligen Sebastian, Rosalia und Rochus; rechterseits der Bauernaltar mit den von der ländlichen Bevölkerung angerufenen Heiligen  Leonhard, Isidor und Notburga. Erwähnenswert ist auch die schön gearbeitete  barocke Kanzel aus 1688. Des weiteren finden sich in der Kirche eine Reihe von Wandgrabsteinen aus der Spätgotik und Renaissance, unter anderen auch der der letzten Wallseerin, der 1506 verstorbenen Barbara von Schaunberg neben der Kanzel. Rechts im Chor erinnert eine Tafel an den St. Pöltner Diözesanbischof Michael Memelauer (1927-1971), der ein Sohn der Pfarre war. Trotz der vielen,   die letzten 500 Jahre betreffenden Kunststilrichtungen in einem Raum, ist die Kirche in sich harmonisch, sie ist es wirklich wert, besucht zu werden und für einige Minuten in ihr inne zu halten.

Auch wir Radler taten dies, ehe wir unsere Tour fortsetzten mit der Erkenntnis, sportliche Betätigung lässt sich gut mit etwas Geschichte und Kunst vereinbaren.

Quellen: www.pfarre-sindelburg.at, www.wallsee-sindelburg.gv.at, www.de.wikipedia, www.antonbruckner.at, Kleindel: Österreich Daten zur Geschichte und Kultur

Eine Antwort auf „Ein Radausflug nicht nur wegen des Radelns“

  1. Da ich sowieso einmal im Monat nach Wallsee fahre, gibt mir dieser Beitrag den Anreiz, mir auch mal die Sindelburger Kirche (von Innen)und Anna Kapelle anzuschauen.
    Interessant wäre ja auch das Schloss Wallsee.das ja wahrscheinlich nicht zum Besichtigen ist.
    Aber zumindestens habe ich jetzt die Geschichte dazu, erfahren.

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